Ein Oralchirurg beauftragt einen Generalunternehmer (GU) mit dem schlüsselfertigen Ausbau seiner repräsentativen Praxis. Vom GU wird vereinbarungsgemäß ein PVC-Design-Bodenbelag technisch mangelfrei verlegt.
Nach Aufnahme des Praxisbetriebes kommt es zu Dellen und Eindrücken, die nach sachverständiger Feststellung, durch die Rollen einer fahrbaren Dentaleinheit verursacht werden. Die Parteien streiten in zwei Instanzen darüber, ob der GU Anspruch auf Zahlung seiner restlichen Vergütung hat oder seinerseits zur Zahlung von Mangelbeseitigungskosten verpflichtet ist.
Die Entscheidung:
Das OLG Hamburg gibt dem Oralchirurgen recht; es sieht den Bodenbelag (das „Werk“ im Sinne des § 633 BGB) als mangelhaft an. Die durch die Rollen der fahrbaren Dentaleinheit verursachten Dellen und Eindrücke sind zwar kein „technischer Mangel“, sie wirken aber optisch stark störend.
Maßgebend für die Beurteilung der Mangelhaftigkeit eines Werks ist nicht allein die vereinbarte Ausführungsart. Es kommt entscheidend auch darauf an, welche Funktion das Werk nach dem Willen der Partei erfüllen soll. Dabei ist hier auch die repräsentative Funktion der Praxis zu berücksichtigen.
Bewertung:
Urteil und Berufungsurteil wirken einem der populärsten Rechtsirrtümer am Bau entgegen, wonach optische Mängel allenfalls mit einem kleinen Minderwert zu berücksichtigen sind.
Allerdings kann ein Unternehmen gemäß § 635 Abs. 3 BGB grundsätzlich die Einrede erheben, dass die Nachbesserung nur mit unverhältnismäßigen Kosten möglich und deshalb zu verweigern ist. Eine entsprechende Einrede hilft dann allerdings nicht, wenn der Auftraggeber („der Werkbesteller“) seinerseits ein berechtigtes Interesse an der ordnungsgemäßen Erfüllung des Werkvertrages hat. Ein solches berechtigtes Interesse hat das OLG Hamburg im entschiedenen Fall wegen der besonderen Bedeutung der „Optik des Werkes“ angenommen.